In 10 Schritten zur Website-Content-Strategie – Teil 1
Zuletzt aktualisiert am 2. Januar 2023 um 14:44 Uhr.Eine Website, die in Suchmaschinen sichtbar wird, die richtigen Besucher anzieht, ihnen einen inhaltlichen und womöglich emotionalen Mehrwert liefert und sie in Kunden konvertiert, ist ein kleines Gesamtkunstwerk. Die Ansprüche sind gestiegen, eine geschmackvolle Gestaltung reicht schon lange nicht mehr aus.
Es sind die geballten Kompetenzen von Strategen, Designern, Entwicklern und Marketern gefragt, wenn eine Website nach dem Relaunch Ergebnisse liefern soll. Ein solches Projekt ist schon lange kein Webdesign-Projekt mehr, sondern ein Marketing-Projekt. Deshalb kommt dem Content Marketer eine wichtige Rolle, wenn nicht sogar die wichtigste zu: Er ist aufgrund seiner der Kenntnisse und Fähigkeiten in Kommunikation, Marketing und Vertrieb prädestiniert, der Chef der Truppe zu sein.
In unserem kleinen zweiteiligen Leitfaden zeigen wir, welche 10 Schritte Content Marketer gehen müssen, um einen Website-Launch oder Website-Relaunch aus Kommunikationssicht erfolgreich zu bewältigen. Im ersten Teil geht es um Business-Ziele, Zielgruppen und vieles mehr – los geht’s!
Schritt 1: Business-Ziele definieren
Jede Website ist lediglich ein Mittel zum Zweck. Der ultimative Zweck eines Unternehmens ist gemeinhin die Erzielung eines Überschusses, einer Rendite. Bevor sich dieser Überschuss anhäuft, mussten Kunden konvertiert, Produkte erklärt, Artikelseiten in der Suchmaschine sichtbar gemacht oder die Marke positioniert werden.
All diese Ziele kann eine Website erreichen, das muss sie jedoch nicht unbedingt. Sicher ist es verpflichtend, dass über die Website die Marke positioniert wird, Produkte und Dienstleistungen nachvollziehbar beschrieben und wenigstens Kontakte eingesammelt werden, ungefähr wie ein nett gestaltetes Schaufenster in einer Fußgängerzone.
Eine Website muss allerdings nicht zwangsläufig in einer Suchmaschine wie Google sichtbar sein. Das gilt zum Beispiel für jene Unternehmen, deren Zielgruppe nicht erst per Google sucht, sondern stattdessen gleich Produkte auf Amazon recherchiert. Auch sehr erfolgreiche Amazon-Händler verfügen häufig lediglich über ein virtuelles Klingelschild in Form eines One Pagers, der aus SEO-Sicht kaum rankt. Google ist eben auch nur ein Attributionskanal mit Empfehlungsfunktion.
Ähnlich ergeht es Unternehmen, die in Nischenbranchen unterwegs sind oder deren Themen so brandheiß sind, dass sie der potentiellen Zielgruppe noch gänzlich unbekannt sind und entsprechend geringe Suchvolumina erzielt werden. Den Invest in Suchmaschinenoptimierung in Form von technischer Entwicklung oder der Konzeption von Content Hubs und Blogs könnte man sich in diesem Falle ebenso ersparen.
Muss eine Website unbedingt konversionsoptimiert sein? Das kommt ganz auf das Konversionsziel an: Eine Konversion muss nicht unbedingt eine gewonnene E-Mail-Adresse oder ein verkauftes Produkt sein. Ein Konversionsziel kann auch eine ausgelöste Ad Impression sein, wie zum Beispiel auf werbefinanzierten Websites aus dem News- und Entertainment-Bereich. Umsatz wird gemacht, ohne dass eine Landing Page besucht oder ein CTA geklickt wurde. Das Geld für die Konversionsoptimierung könnte woanders besser investiert werden, z.B. in die Suchmaschinenoptimierung.
Es empfiehlt sich also, die Ziele genau ins Auge zu fassen und den Weg zur Zielerreichung sehr konkret zu beschreiben. Da ein Website-Projekt immer mit budgetären Beschränkungen zu kämpfen hat, lohnt es sich, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.
Schritt 2: Zielgruppe definieren
Eine Website ist für die Zielgruppe da, nicht für den Absender. Viele Unternehmen verwechseln das. Das wird sichtbar, wenn die Inhalte zwar dem Vorstand gefallen, der zum Launch auf die Seite schaut, aber nicht dem Nutzer, der in den nächsten zwei Jahren für geringen Traffic, kurze Verweildauern und hohe Bounce Rates sorgt. Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.
Sollte der Absender auf der Website nun vollkommen unkenntlich gemacht werden, sollten wir den Adressaten spiegeln? Eine eher rhetorische Frage. Es gibt typische Bereiche, in denen der Absender zu Hause ist, z.B. untern den Menüpunkten “Über uns”, “Team” oder “Unser Versprechen”. Der ideale Platz, um alle wichtigen Fakten zum Absender zu sammeln und darzustellen. Ideale Orte, um über sich und nur sich zu reden.
Alles andere, was den Absender ausmachen könnte, spiegelt sich in der Botschaft wieder, die wir in den für den Nutzer maßgeschneiderten Content verpacken.
Verkaufen wir beispielsweise Joghurt und sind als Absender sehr stolz darauf, dass dieser unter hygienisch und ökologisch einwandfreien Bedingungen hergestellt wird, so ist es wenig sinnvoll, dem potentiellen Käufer jede Menge Content über hygienische und ökologische Milchproduktion zur Verfügung zu stellen.
Stattdessen versorgen wir ihn mit Content, der die geschmacklichen und ernährungswissenschaftlichen Vorteile unseres Joghurts ins Zentrum stellt, eben weil er unter hygienisch und ökologischen Bedingungen hergestellt wurde. Als kleiner Faustformel gilt:
Der Content ist für den Adressaten gedacht, die den Absender repräsentierende Botschaft steckt im Content drin. Der Absender versteckt seine Botschaft im Content so, dass sie vom Adressaten auf seiner bevorzugte Weise konsumiert werden kann. So haben beide etwas davon.
Schritt 3: Marke positionieren
Wir haben bereits im vorigen Kapitel die Botschaft des Absenders an gesprochen. Aber was ist eigentlich unsere Botschaft? Wir wissen, was wir verkaufen möchten – Standpunkte, Informationen, Dienstleistungen oder Produkte. Wir wissen an, wen wir verkaufen wollen – die Zielgruppe. Unklar ist bisher geblieben, auf welche Weise wir uns gegenüber der Zielgruppe präsentieren wollen.
Hier helfen uns drei Kernfragen, mit denen wir unser Positionierungs-Statement erstellen:
- Was tun wir?
- Für wen tun wir es?
- Wie tun wir es?
Mit den Antworten ergibt sich sich unsere Positionierung innerhalb des Markenrades. Wir legen so fest, ob wir für
- Excitement, repräsentiert durch Wandel, Kreativität oder Individualität,
- Abenteuer, repräsentiert durch Entdeckergeist, Freiheit oder Mut,
- Unabhängigkeit, repräsentiert durch Anerkennung, Erfolg oder persönliche Größe,
- Disziplin, repräsentiert durch Effizienz, Funktionalität oder Logik,
- Sicherheit, repräsentiert durch Sorgfalt, Vertrauen, Wärme, oder
- Genuss, repräsentiert durch Entspannung, Sinnlichkeit oder Sorglosigkeit stehen.
Wichtig ist, dass unsere Positionierung am Ende
- authentisch und für den Adressaten nachvollziehbar ist,
- das Potenzial für Marktwachstum und Preiserhöhungen enthält,
- die Zahl unserer Wettbewerber reduziert, und schlussendlich
- unsere Business-Prozesse vereinfacht.
Diese Selbsterkenntnis muss sich in jedem Beitrag, auf jeder Seite und auch im Warenkorb widerspiegeln.
Schritt 4: Themen und Inhalte definieren
Website Content Relaunch Crispy Content®, Topic FinderUnsere Botschaft wird nie im Rohzustand versandt, sondern immer in Form eines Themas, dass wir zum Anlass nehmen, um mit dem Nutzer in Verbindung zu treten. Die besten Themen sind jene, die auch die Zielgruppe interessieren. Aber nicht ausschließlich, weswegen ich noch einmal das Beispiel des Joghurt-Hersteller ist heranziehen möchte:
Momentan herrscht großes Interesse an einem Medikament, das Corona-Patienten heilen könnte. Leider haben wir als Joghurt-Hersteller nicht viel dazu beizutragen. Würden wir dieses Thema auf unserer Website spielen, so wäre das weder authentisch, noch könnten wir am Ende damit Geld verdienen. Deshalb sollten wir uns immer fragen, wie wir die Themen unserer Website kapitalisieren wollen.
Für unseren Joghurts-Herstellers eignen sich Themen wie gesunde Ernährung, Ökologie und Genuss, die mit ziemlicher Sicherheit in der Zielgruppe resonieren. Diese Themen spielen gerade in einer Zeit, in der wir uns im Homeoffice befinden und wenig bewegen oder unser Fitnessstudio nicht besuchen dürfen, eine sehr große Rolle. Mit einer solchen Interpretation unterstützen wir ”unsere Sache”, aber interessieren auch den Adressaten. Wir dürfen niemals vergessen: Marketing ist kein Selbstzweck.
Wir müssen herausfinden, welche Bedürfnisse unsere Zielgruppe hat und wie wir diese bestmöglich adressieren, um dem potenziellen Käufern die beste Lösung vorzuschlagen – nämlich unsere.
Zuletzt müssen wir unsere Nische im Markt identifizieren, da wir unsere Kräfte nicht sinnlos vergeuden wollen, indem wir uns am größten Player unsere Branche abarbeiten – es sei denn, wir haben die Kapazitäten dazu.
Es gilt also, in unseren Themen unsere Bedürfnisse, die Kundenbedürfnisse und unsere Marktchancen in Einklang zu bringen. Je größer die Schnittmenge ist, desto erfolgreicher werden wir sein.
Schritt 5: Formate entwickeln
Welche Formate sollten wir auf unserer neuen Website verwenden? Am besten die, die unsere Zielgruppe am liebsten, schnellsten und effektivsten konsumiert. Wichtig aus unserer Sicht ist, dass die Inhalte auch effizient herzustellen sind.
Die Basis für jede Art von Format sind Texte sind. Jedes Video braucht ein Manuskript, jede Infografik ein inhaltliches Briefing. Das macht Textformate aus Produktionssicht zur effizientesten Gattung – sie sind einfach schon da. Da sie keine so große Sogwirkung wie ein Animated GIF oder eine TikTok-Video entwickeln,, müssen wir tief in die Trickkiste greifen um sie effektiv zu gestalten. Wir müssen die menschlichen Schwächen verstehen.
Jeder Nutzer möchte
- das Beste von 10 Produkten kaufen (die Toplist),
- nichts falsch machen (der Warning Post), oder
- nichts verpassen, um besser sozial zu interagieren (der “Fear of Missing Out” Post).
In unserem Post zur Content-Produktion mit Airtable sind wir bereits auf diese Formate eingegangen, die Appsumo auf Basis seines reichweitenstarken Blogs analysiert hat:
2017 veröffentlichte Dean Yeong aus dem AppSumo-Team auf der Website Sumo.com einen vielbeachteten Beitrag mit dem Titel “60 Blog Post Ideas to Fill Your Content Calendar“.
In diesem Blogbeitrag listete Yeong unter anderem die erfolgreichsten Formate des AppSumo-Blogs auf. Aufgrund des großen Publikations-Volumens des Blogs konnten die Zahlen (175M Visits) eine gewisse Repräsentativität in Anspruch nehmen. Hier sehen wir die Grafik der Top10-Formate, die Yeong in seinem monströsen Content Audit identifiziert hat
Wir können diese Texte als Podcast aufnehmen, als Webinar präsentieren, als White Paper zusammenfassen oder als E-Mail-Kurs versenden. Diese Art des “Repurposings” betreibt der unnachahmliche Gary Vaynerchuk mit seinem Modell der Content-Pyramide.
Die Effizienz der Produktion ist so wichtig, da attraktive Formate, wie z.B.
- strategisch anspruchsvolle und doch nur einmal verwendbare Infografiken sehr teuer zu produzieren sind,
- gute Videoproduktionen aufgrund unserer Konsumgewohnheiten höchsten Ansprüchen genügen müssen (und deshalb ebenso teuer sind),
- wertvolle und anspruchsvolle Glossare aufwändig und kontinuierlich zu pflegen sind, und
- jedes rechtefreie Stock-Foto (z.B. “Hand auf Tastatur mit Kaffeetasse”) schon tausendfach verwendet wurde.
Können unsere Formate nicht effizient produziert werden und sprengen langfristig unser zeitliches und finanzielles Budget, haben wir nach dem Launch unserer Website schnell tote Website-Bereiche mit wenigen und veralteten Inhalten.
Zweiter Teil: Features und Strukturen
Wir sind am Ende des ersten Teils angelangt. Schon jetzt zeigt sich, dass ein Website Launch oder Relaunch einen Content Marketer nicht nur als kreativen Strategen fordert, sonder auch als ergebnisorientierten Kaufmann. Welche Rolle noch fehlt?
Die des Technikers: Im zweiten Teil wird es deshalb um Features und Strukturen gehen.
Gerrit Grunert ist Gründer und CEO von Crispy Content®. 2019 veröffentlichter er das bei Springer Gabler erschienene Standard-Werk "Methodisches Content Marketing" sowie die Online-Kurs-Serie "Making Content". Privat ist Gerrit ein leidenschaftlichen Gitarren-Sammler, liest gern Bücher von Stefan Zweig und hört Musik von vorgestern.