Storytelling – das Gehirn braucht Geschichten
Zuletzt aktualisiert am 21. November 2021 um 17:01 Uhr.Geschichten zu erzählen ist eine Kunst – eine Kunst, die viele Geheimnisse birgt. Denn wer weiß schon genau, was den Leser mitreißt, begeistert, zum Lachen oder Weinen anregt. Jeder Storyteller kennt das Dilemma: Wie sag ich’s meinem Leser (und damit dem potentiellen Kunden)?
Einleitung
Es ist bereits länger bekannt, dass Storytelling der direkte Weg ins Gehirn Ihrer Kunden ist. Denn mit Storytelling können Sie eine Botschaft dauerhaft in den kleinen grauen Zellen des Clients verankern.
Mithilfe der Neurowissenschaft können wir jetzt den Schleier um das Geheimnis des erfolgreichen Geschichtenerzählens lüften. Genauer gesagt handelt es sich um diverse neurowissenschaftliche Entdeckungen, die uns zu verstehen helfen, wie das Gehirn Geschichten nacherlebt und -empfindet – am Beispiel von Affen und Kinofilmen.
Doch zunächst begeben wir uns auf eine Zeitreise ins italienische Parma (nein, der berühmte Schinken kommt nicht ins Spiel….). Wir schreiben das Jahr 1991. Der italienische Gefängnisarzt und nebenberufliche Wissenschaftler Vittorio Gallese entdeckt durch Zufall in einem Affengehirn die sogenannten Spiegelneuronen. Gallese stellt fest, dass die Neuronen, die für das Greifen von Gegenständen in einem Primatengehirn zuständig sind, auch losfeuern, wenn ein Affe einem anderen nur dabei zuschaut, wie er nach etwas greift. Sprich: Das Beobachten allein löst schon einen Greifimpuls auf. Natürlich spielen noch andere Gehirnareale eine Rolle, denn wir sind durchaus in der Lage, solche Impulse zu unterdrücken.
Auf den Menschen übertragen bedeutet das: Diese Nervenzellen reagieren auf visuelle Reize (zum Beispiel einen Gesichtsausdruck) und sorgen dafür, dass wir die Gefühle anderer nachempfinden können. Wenn wir zum Beispiel jemanden sehen, der offensichtlich wütend ist, so lösen diese Neuronen auch in uns Wutgefühle aus. Auf diese Weise können wir die Absichten und Handlungen anderer besser nachvollziehen, denn wir simulieren sie quasi („Als ob“-Handlungen). Kein Wunder also, dass der Volksmund Lachen für ansteckend hält.
Iss die Schokolade!
„Ob ich selbst Ekel empfinde oder ob ich ein angeekeltes Gesicht sehe – für diese Zellen ist es das Gleiche“, erklärt der deutsch-französische Psychologe und Hirnforscher Christian Keysers das Phänomen. „Wenn Sie sich ein Stück Schokolade nehmen und es essen, wird ein bestimmtes Netz von Gehirnzellen aktiviert – nennen wir es das ‘Iss-die-Schokolade-Netz’. Der Anblick von Leuten, die Schokolade essen, löst in uns ein Gefühl aus, das uns sagt, wie es wäre, das Gleiche zu tun.“
Das Tun dieser äußert talentierten Gehirnzellen ist im Alltag ständig präsent. Ein Beispiel: Sie sitzen gemütlich auf der Parkbank und schauen Kindern beim Spielen zu. Ein Kind fällt auf die Nase und weint. Wer würde da nicht sofort nach dem Taschentuch greifen und das arme Kind trösten wollen. Sie fühlen den Schmerzen des Kindes nach, obwohl sie nicht selbst auf die Nase gefallen sind. Da sind Ihre Spiegelneuronen am Werk.
Anderes Beispiel: Sie kuscheln sich mit Popcorn und Cola in ihren Kinosessel und genießen Ingrid Bergmann und Humprey Bogart in „Casablanca“. Dann kommt der berühmte Satz: „Schau mir in die Augen, Kleines!“ und in Ihnen steigen die Tränen hoch. Warum? Dass Ingrid Bergmann weint, ist nachvollziehbar, denn ihr wird klar, dass es hier kein Happy End geben wird. Aber an Ihrem Leben dürfte sich in diesem Moment nichts ändern und doch fühlen Sie die Gefühle der Bergmann mit. Das deutsche Nachrichtenmagazin Der Spiegel fasste das sehr prägnant als „Die Macht des Mitgefühls“ zusammen.
Christian Keysers schildert die Wirkungsweise dieser „Macht“ wie folgt: „Empathie ist in der Architektur unseres Gehirns tief verankert. Was mit anderen geschieht, wirkt sich auf fast alle Regionen unseres Gehirns aus. Wir sind von unseren Anlagen dazu bestimmt uns empathisch zu verhalten, die Verbindung zu anderen zu suchen.“
Bringen Sie die Spiegelneuronen zum Feuern
Die nächste Frage ist natürlich: Wie kann ich mir als Autor die Wirkweise dieser wundersamen Spiegelzellen und damit der Empathie, die im Menschen so tief verankert ist, zu Nutze machen? Und wieder wenden wir uns der Wissenschaft zu: Kurz nachdem Gallese die Spiegelzellen beim Affen entdeckt hatte, wurden sie auch beim Menschen gefunden – und zwar in den sogenannten Broca- und Wernicke-Arealen, die zum Sprachzentrum des Gehirns gehören. Mit anderen Worten: Das Sprachzentrum ist gut ausgerüstet um „mitzufühlen“ und diese Empathie kann durch Worte ausgelöst werden.
Nicht umsonst werden Reporter vor Ort geschickt, denn was sie selbst erlebt haben, können sie am besten beschreiben. Zwar hat das Schmähzitat: „Bild sprach zuerst mit dem Toten“ einen ironischen Hintergrund, aber es illustriert sehr schön, was den People-Journalismus (und viele andere Formen des Journalismus) ausmacht: Der Reporter muss live dabei sein, so nah dran wie möglich, denn nur so lassen sich die Spiegelneuronen der Leser mit „Überlichtgeschwindigkeit“ zum Feuern bringen.
Aus genau dem gleichen Grund sind auch Geschichten von Schriftstellern, die ihre eigenen Erlebnisse verarbeiten, packend und authentisch. Wer einmal Hemingways Schilderung eines Stierkampfes gelesen hat, der weiß, was ich meine.
Solche Storys adressieren unsere Spiegelzellen, die uns ermöglichen, das Erlebte durch die Worte des Autors am eigenen Leib nachzuempfinden.
Mit anderen Worten: Es gibt eine wissenschaftliche Grundlage dafür, warum Storytelling so effektiv sein kann. Menschen sind so verdrahtet, dass sie eine wirkungsvoll erzählte Story „miterleben“ können und das sogar wollen, denn das Gehirn liebt eine gut erzählte Story.
Die Faustregel dabei ist: Sie müssen Ihre eigene Story selbst „erfühlen“ und dann in Worte kleiden, die genau diese Gefühle bei Ihnen wiedererwecken – und zwar jedesmal, wenn Sie die Geschichte lesen.
Wenn Sie die Story „erfühlen“ können, dann kann es auch Ihr Leser. Der Lackmustest: Lesen Sie Ihre eigene Story und beobachten Sie Ihre Gedanken und Gefühle. Sind Sie neugierig, gespannt, interessiert und begeistert? Dann haben Sie Ihr Ziel erreicht. Denn dann erzeugen die Spiegelzellen Ihres Lesers das, was Keysers als „fast mystisches Gefühl von Verbundenheit“ bezeichnet und Sie können davon ausgehen, dass sich die Message Ihrer Story tief in das Gehirn Ihres Lesers eingegraben hat.
Kreativ, smart und kommunikativ. Analytisch, tech-savvy und zupackend. Das sind die Zutaten für einen Content Marketer bei Crispy Content® – egal ob er oder sie Content Stratege, Content Creator, SEO-Experte, Performance Marketer oder Themenspezialist ist. Unsere Content Marketer sind „T-Shaped Marketer“. Sie verfügen über ein breites Wissensspektrum gepaart mit tiefgehenden Kenntnissen und Fähigkeiten in einem einzelnen Bereich.