Der CRM-Audit – Teil 2
Zuletzt aktualisiert am 2. Januar 2023 um 12:51 Uhr.Unter den vielen digitalen Audits, die Marketer zur Steigerung ihres ROI durchführen, ist der CRM-Audit eine der wichtigsten und dennoch eine der am seltensten durchgeführten Analysen. Besonders wertvoll, weil durch ihre Erkenntnisse Bestandskundenbeziehungen effektiv erweitert werden können, leider recht selten durchgeführt, weil dies eine recht präzise Kenntnis um das Verhalten der Zielgruppe voraussetzt. Im zweiten Teil unserer zweiteiligen Serie zeigen wir Ihnen, wie Sie in sieben Schritten Ihr CRM auditieren. Los geht's!
Schritt 1: Analyse der Datenquellen
Die Daten in unserem CRM System stammen in den meisten Fällen aus mehr als nur einer Quelle. Auf der digitalen Seite werden Daten über Formulare in verschiedensten Ausprägungen gewonnen. Ein Datensatz, der per Newsletter-Abonnement erzeugt wurde, enthält meistens eine E-Mail-Adresse. Ein Whitepaper Download kann dagegen schon wertvollere Angaben enthalten, wie zum Beispiel die Position im Unternehmen, das jährliche Marketingbudget oder Größe des Unternehmens.
Nicht jeden Datensatz haben wir selbst erzeugt. Manchmal haben wir ihn über eine Kooperation gewonnen, bei der wir nicht selbst das Formular erstellt haben. Einzelne Merkmale eines Datensatzes können auch aus Quellen Dritter, wie z.B. kommerzielle Data Enrichment Services, angereichert werden. Möglicherweise nahm die Journey unseres Nutzers ihren Anfang auf einer Native Advertising Platform, die uns Attributionsdaten zur Verfügung stellen, Social-Media-Plattformen liefern uns wichtige demografische Daten und öffentliche Plattformen wie der Bundesanzeiger liefern uns wichtige Unternehmensdaten. Nicht zu vernachlässigen sind Daten, die über physische Kontakte auf Messen, Kongressen oder Verkaufsveranstaltungen gewonnen werden. Bevor diese Daten in unser System geraten (falls sie das überhaupt tun), werden womöglich wichtige Daten einer Visitenkarte vom Vertriebsmitarbeiter unterschlagen oder mehrere Visitenkarten in unterschiedlicher Form eingepflegt.
Ebenso ist es von Bedeutung, auf welche Weise diese Daten in unser System gelangt sind. Eine gängige Form ist die Gewinnung per API, FTP, CSV- oder Excel-Tabelle. Insbesondere bei Excel-Tabellen ist Vorsicht angebracht, da diese Informationen zur Formatierung (UTF-Enkodierung, Währung, Datums-Schema, usw.) mitliefern.
Daten können auch über das Auslesen von Websites, das Website Scraping, erzeugt werden. Da das Frontend einer Website nicht für das Auslesen durch Crawler konzipiert wurde, ist auch hier mit einem lückenhaften Ergebnis zu rechnen. Kommerzielle Anbieter bieten deshalb das Scraping inklusive Nachqualifikation der Daten an.
Die Nutzer in unserem CRM-System stammen aus unterschiedlichen Quellen, die ihrerseits verschiedene Merkmale eines Datensatzes erzeugen. Je nach Kampagne ist es von Bedeutung, welche Merkmale getriggert werden sollen. Deshalb müssen wir immer davon ausgehen, dass das Kampagnensegment bedeutend kleiner ist, als die Gesamtzahl der Nutzer in unserem CRM-System. Damit wir uns in unseren Kampagnen an eine möglichst große Zahl von Adressaten richten können, sollten wir uns nicht durch die Unvollständigkeit eines Datensatzes einschränken lassen müssen. Wir sollten uns immer in Erinnerung rufen, dass jeder Kontakt ein Kunde werden könnte.
Schritt 2: Daten für das Zielsystem vereinheitlichen
Als nächstes müssen wir die Daten, die wir über die verschiedenen Quellen eingesammelt haben, für unser Zielsystem vereinheitlichen. Dem Variantenreichtum sind keine Grenzen gesetzt: Felder liegen im Textformat vor, das Zielsystem verarbeite aber nur numerische Daten, manche Felder werden im Zielsystem per Zeichenlänge begrenzt, Inhalte von Spalten wie „Name“ müssen in „Vorname“ und „Nachname“ aufgesplittet werden, in mehrsprachigen Systemen werden Umlaute als Sonderzeichen ausgegeben usw.
Schritt 3: Bereinigen Sie die Fehler in Ihren Daten
Schritt 3: Daten säubern
In diesem Schritt säubern wir die Daten von inhaltlichen Fehlern. Wir korrigieren fehlerhafte Daten auf einer inhaltlichen Ebene. Dabei unterscheiden wir zwischen der Korrektur mit Business-Kontext und ohne Business-Kontext. Typische Fehler sind Schreibfehler, falsche Bezeichnungen, ungültige Bezeichnungen oder Datenduplikate.
Schritt 4: Daten standardisieren
Selbst die inhaltlich korrektesten Daten können unbrauchbar sein. Ein Beispiel hierfür ist das deutsche Länderkürzel DE, für das auch ohne weiteres GER verwendet werden könnte. Beide Kürzel treffen dieselbe Aussage, wir erhalten aber zwei Datenpunkte. Verschiedene Systeme haben unterschiedliche Datenstandards. Wir müssen für uns einen Standard definieren, bevor wir die gesammelten Daten in Automation, Analysen und Reports einsetzen können.
Typische Fehlerquellen sind oben erwähnte Länderkürzel, Formate von Telefonnummern, Abkürzungen für Unternehmensnamen, Produktbezeichnungen oder alle Arten von kodierenden Bezeichnungen wie DACH oder EMEA.
Je größer die Zahl der zu bearbeiteten Datensätze wird, umso mehr müssen wir uns Gedanken machen, wie wir den Prozess skalieren. Was im ersten Moment als Aufgabe für eine Tabellenkalkulation in Excel erscheint, muss bei Datensätzen im siebenstelligen Bereich über eine regelbasierte Automation stattfinden. Die regelbasierte Standardisierung hat jedoch auch ihre Tücken: Wir müssen uns einen Überblick über den Variantenreichtum von Fehlern verschaffen, bevor wir diese per Regel beseitigen. Damit uns unser eigener Horizont nicht Grenzen setzt, sollten wir hier auf eine technische Lösung zurück greifen, in der bereits Regeln hinterlegt sind.
Schritt 5: Daten korrelieren
Häufig führen wir Daten aus verschiedenen Quellen zusammen, um darüber zusätzliche Aussagen treffen zu können. Damit wir diese Zusammenhänge herstellen und möglicherweise einen Datensatz anreichern können, benötigen wir ein einzigartiges Merkmal für die Korrelation, einen Marker, dass es sich hier um ein und dieselbe Person handelt. Dieser Marker ist der Unique Identifier. In einem komfortablen Falle handelt es sich um eine System-ID, die wir in den verschiedenen Quellsystemen wiederfinden. Stehen uns solche Daten nicht zur Verfügung, müssen wir mit der Kombination von Daten eine Verbindung herstellen. Einer der am häufigsten genutzten Unique Identifier ist die E-Mail-Adresse. Doch auch hier gibt es schon eine höhere Fehlerquote, da eine Person sowohl mit ihrer privaten als auch mit ihrer geschäftlichen E-Mail-Adresse registriert sein kann. Stehen uns E-Mail-Adresse, Website Domain oder Unternehmensnamen nicht zur Verfügung, so werden wir schlechte Resultate erzielen.
Schritt 6: Daten segmentieren
Mit der Segmentierung gruppieren wir Daten auf Basis gemeinsamer Charakteristika. Diese Charakteristika können demografischer, geschäftlicher, technischer und verhaltensbasierte Natur sein. Die Segmentierung von Daten ist die Basis für die regelbasierte Automation von Prozessen. In einem geschäftlichen Kontext genutzte Segmentierungen sind zum Beispiel:
- die B2B-Demografie (Funktion, Rolle, Level, Buyer Persona),
- B2B-Firmografie (Branche, Unternehmensgröße, Umsatz, Standort),
- B2B-Technografie (CMS, CRM, MAP, ERP),
- B2B-Verhalten (Wartezeit bei E-Mail-Antworten, bevorzugte Informationsmaterialien, bevorzugte Kommunikationskanäle)
- B2C-Demografie (Alter, Geschlecht, Bildungsstand, Ort, Einkommen) und
- B2C-Verhalten (Kaufhistorie, Nutzung mobiler Devices, Onsite History).
Schritt 7: Kontext hinzufügen
In diesem letzten Schritt fügen wir den Einträgen in unserer Datenbank zusätzliche Kontexte hinzu, die uns bei der Kommunikation mit der Person helfen. Hierzu zählen zusätzliche Industrieklassifizierungen, Klassifizierungen einer besonderen Branche, Reifegrad eines Unternehmens und alle weiteren Ausdifferenzierungen, die sich in irgendeiner Weise auf unsere Datenbank anwenden und standardisieren lassen. Weiterhin können wir mit den Datensätzen Merkmale hinzufügen, die die Beziehung zwischen uns und unserem Kunden beschreiben, zum Beispiel „Neukunde“, „Bestandskunde“ oder „Potential-Kunde“. Wir können Kunden auf Basis unserer gemeinsamen Kommunikationshistorie kontextualisieren, z.B. Erstbesteller, inaktiver Erstbesteller, aktivierter Erstbesteller, Wiederbesteller usw. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Fazit
Wir hoffen, dass wir Sie mit unserer zweiteiligen Mini-Serie motivieren konnte, einen Blick unter die Haube Ihres CRM zu werfen und tiefer in die Daten einzusteigen. Wie schon im ersten Artikel geschrieben: Diese Daten in den Händen eines Digital-Marketers sind Gold wert, denn Sie bilden die Grundlage zu Prognose zukünftigen Nutzerverhaltens.
Gerrit Grunert ist Gründer und CEO von Crispy Content®. 2019 veröffentlichter er das bei Springer Gabler erschienene Standard-Werk "Methodisches Content Marketing" sowie die Online-Kurs-Serie "Making Content". Privat ist Gerrit ein leidenschaftlichen Gitarren-Sammler, liest gern Bücher von Stefan Zweig und hört Musik von vorgestern.